Man braucht sehr viel Disziplin und Ehrgeiz.
Es handelt sich um den Studiengang Pharmazie Staatsexamen (nicht Bachelor)
Organisation:
Die Organisation war teilweise sehr schlecht. Pflichttermine wurden kurzfristig angesetzt und Informationen oft nur knapp vor Veranstaltungsbeginn zur VerfĂŒgung gestellt (teils 2-3 Tage vorher bekannt gegeben). Das erschwert die persönliche Planung und man sollte sich genau ĂŒberlegen, ob man bspw. einen Urlaub bucht und riskiert, dass dieser mit einer Veranstaltung kollidiert. Dies gilt auch fĂŒr die Semesterferien, da auch hier (wie an allen Unis) Laborpraktika stattfinden.
Digitale Lehre/Corona:
WĂ€hrend der digitalen Lehre aufgrund von Corona hat sich der ĂŒberwiegende Teil der Professoren sehr engagiert und in kurzer Zeit ein sehr gutes alternatives Programm erstellt. Lediglich in einem Fach fand wĂ€hrend Corona ĂŒber drei Semester keinerlei Lehrveranstaltung statt, sodass man sich alles selbst beibringen musste. Die PrĂŒfungsergebnisse waren dementsprechend schlecht.
Labore:
Die Ausstattung der Labore ist in Ordnung. GerĂ€te und RĂ€ume sind etwas Ă€lter und es fehlte oft an AbzĂŒgen, um mit allen Studierenden sicher arbeiten zu können. FĂŒr jedes Praktikum wurde zu Semesterbeginn eine GebĂŒhr eingesammelt, um davon kaputte GlasgerĂ€te zu bezahlen. Dieses Problem betraf vor allem die unteren Semester (v.a. 1. Semester). Die Kosten wurden ungeachtet der selbst verursachten SchĂ€den auf alle Studierenden aufgeteilt. Gut ist, dass man durch Anwesenheit bei einer "Semesterantrittsbesprechung" sicher einen Laborplatz erhĂ€lt. Dies ist nicht an allen Unis der Fall, sodass es dort zu Wartesemestern kommen kann. AuĂerdem muss man alle Lösungen und Reagenzien selbst herstellen. Das kann sehr zeitaufwendig sein, weshalb man sich mit anderen KommilitonInnen zusammen schlieĂen sollte. Nur wenn alle mithelfen ist es zu schaffen. Meist wurden die Aufgaben im gesamten Semester aufgeteilt. Ebenso muss man Versuche oft selbst zeitlich planen und entscheiden, welche man fĂŒr seine Analyse braucht. Ein Schritt fĂŒr Schritt-Vorgehen gibt es nicht in jedem Praktikum. Grade zu Beginn fand ich das schwer, da man ohne Erfahrung ins kalte Wasser geworfen wird.
Man muss sich auĂerdem darĂŒber im klaren sein, dass man mit teilweise krebserregenden, fruchtbarkeitsschĂ€digenden oder anderswie gefĂ€hrlichen Chemikalien arbeitet. Es gibt zwar Schutzvorkehrungen, aber ein Restrisiko bleibt immer. Wie groĂ dieses ist, hĂ€ngt auch von KommilitonInnen ab. Wenn diese unvorsichtig sind, verschĂŒttetes nicht sauber machen oder nicht unter dem Abzug arbeiten, wenn es nötig ist, gefĂ€hrden andere. Das wird von den Assistenten, die die Laboraufsicht machen nicht immer erkannt.
Leistungsdruck:
Das Studium an sich ist sehr anstrengen, aufgrund der langen Tage mit Vorlesungen und Laborzeiten, sowie der Nacharbeitung und Vorbereitung auf PrĂŒfungen. Dies ist an anderen UniversitĂ€ten ebenfalls so. Leider gab es einige Dozenten, denen der Druck noch nicht weit genug ging und die durch sehr strenges Auftreten zusĂ€tzlichen Stress erzeugt haben. Grade zu Studienbeginn finde ich dies sehr belastend. Allerdings gab es auch Dozenten die versucht haben, den Druck von den Studierenden zu nehmen. Es war also gemischt, wie vermutlich an anderen Unis ebenso.
Tipps:
Insgesamt fand ich einen guten Zusammenhalt der Studierenden sehr wichtig fĂŒr den Studienerfolg. Nur indem man z.B. Altprotokolle weitergegeben hat, KommilitonInnen Fotos von Vorlesungsfolien geteilt haben, die vom Dozenten nicht zur VerfĂŒgung gestellt wurde usw. konnte man alles gut meistern. Ein Tipp ist also, sich innerhalb des Semesters gegenseitig zu helfen und sich mit Studierenden höherer Semester anzufreunden, um hilfreiche Tipps zu bekommen. Der Zusammenhalt der Studierenden war semesterĂŒbergreifend sehr gut.
PrĂŒfungen:
Verwendet unbedingt Altprotokolle. Viele PrĂŒfungen Ă€hneln sich ĂŒber die Jahre und Fragen wiederholen sich. Manchmal muss man aber auch einfach GlĂŒck haben. Eine Klausur wiederholen zu mĂŒssen, passiert jedem min. 1x im Studium und ist nichts schlimmes. Es gibt unendlich viele Versuche, lediglich bei den Staatsexamina ist die Anzahl auf 3 eingeschrĂ€nkt.
Besonders gute Kurse:
Besonders gut (inhaltlich, organisatorisch) fand ich die EinfĂŒhrung Chemie, Analytik-Seminar 2. Semester (sehr anschaulich und Schritt fĂŒr Schritt erklĂ€rt), die Grundlagen der Anatomie und Physiologie, die Ringvorlesung Pharmakologie, sowie das Seminar Klinische Pharmazie und der Ringvorlesungs-Teil Immunologie der Biologie.
Vorlesungen schwÀnzen:
Auf nicht scheinpflichtige Veranstaltungen kann man gut verzichten und die knappe Zeit anders nutzen. Hier reicht es sich anzumelden, die Teilnahme ist nicht verpflichtend. Lediglich die "EinfĂŒhrung in medizinische Chemie" im Hauptstudium ist sinnvoll, da diese oft in der Ringvorlesung Chemie vorausgesetzt wird. An allen anderen Vorlesungen muss man regelmĂ€Ăig teilnehmen, um mitzukommen. Auch die Nacharbeitung ist sehr wichtig, da man sonst schnell abgehĂ€ngt wird. AuĂerdem muss einem klar sein, dass die Pflichtteilnahme sehr streng ausgelegt wird. "Krank sein" war hĂ€ufig keine Option und grade bei lĂ€ngerer Krankheitsdauer kann es sein, dass Kurse nicht anerkannt werden und nachgeholt werden mĂŒssen. In Hamburg bedeutet das 1 Jahr lĂ€ngere Studiendauer fĂŒrs Grundstudium und min. 1/2 Jahr lĂ€nger im Hauptstudium.
Fazit:
Das Studium in Hamburg ist in Ordnung. Es ist nicht der beste Studienort, aber besonders der Zusammenhalt der Studienrenden ist super. AuĂerdem sind die JahrgĂ€nge klein, sodass jeder jeden kennt. Die Organisation ist mangelhaft und man muss sich auf kurzfristige Ănderungen einstellen. Ăber die Haltung einiger Dozenten muss man drĂŒber stehen und darf sich nicht fertig machen lassen.
Pharmazie gehört zu den drei schwierigsten und stressigsten StudiengĂ€ngen ĂŒberhaupt. Man sollte sich im klaren sein, dass das Studium sehr krĂ€ftezehrend ist. Wer damit nicht klar kommt und/oder nicht explizit den Wunsch hat in der Apotheke zu arbeiten, sollte sich einen anderen Studiengang aussuchen. Wer in die Forschung oder Industrie möchte finden z.B. in chemischen StudiengĂ€ngen eine Alternative. Beraten lassen kann man sich dazu an jeder Uni auch bei Fachberatungen zu einzelnen StudiengĂ€ngen.