Genau am 5. November 2020 hat meine Reise am Juridicum mit der (Latein)-Vorlesung begonnen. Typisch ich - übermotiviert und aufgeregt - betrat ich alleine, ohne zu wissen, was auf mich zukommt, das Juridicum. Vor lauter Aufregung ging ich aber gleich mal im Juridicum verloren und fand mich am Ende meiner Suche bei der Mensa, die leider geschlossen war, wieder. Erst nach 15 Minuten kam meine Suche zu einem Ende - was für ein Ausflug. Schnell realisierte ich, dass das Juridicum eine ernste Sache ist und dass ich hier 100% geben muss, sonst hat die Reise des Jus-Studiums kein Happy End. Von diesen 100% konnte ich am ersten Tag gleich mal 5% abziehen, da ich meine Schreibsachen vergessen hatte. Super, ich würde in den kommenden zwei Stunden weder etwas notieren noch mitarbeiten oder irgendwas verstehen können. Blamiert fragte ich eine nette Kollegin, die ich dann sowieso nie wieder zu Gesicht bekam, nach einem Kugelschreiber und einem Zettel. Mit diesen zwei Goldstücken ausgerüstet, konnte ich nun doch an die Sache ran gehen und mir alles Mögliche notieren, was der Professor sagte, um ja kein Wort zu vergessen. An dieser Stelle schon mal ein kleiner Tipp von mir: Versuche alles in deinen eigenen Worten aufzuschreiben. Keiner wird dich je nach dem exakten Wortlaut, den der Prof während der Vorlesung verwendet hat, fragen. Was ich außerdem noch loswerden möchte: Sei einfach du selbst! Keiner am Juridicum wird es bemerken, dass du gerade erst mit dem Studium begonnen hast, da sowieso jeder auf sich fokussiert ist. Daher schäme dich nicht Fragen zu stellen! Das Schlimmste, was dir passieren kann, ist, dass du keine Antwort auf deine Frage bekommst.
Ich war in fast allen WhatsApp-Gruppen, die es überhaupt gab, aber trotzdem fiel mir das Lernen am Anfang sehr schwer. Mir fehlte der Austausch untereinander und öfters wurden die WhatsApp-Gruppen zu Spam-Gruppen, die einen echt verrückt machen konnten. Vor allem zwei Wochen vor der Prüfungswoche drehten die WhatsApp-Gruppen durch. Ich meine, nicht genug, dass man schon selbst durchgedreht ist, da drehen auch noch die Gruppen mit dir durch. Außerdem wurden dann noch Fragen wie "Kann mir jemand bei diesem Fall helfen?" oder "Kann mir da wer weiterhelfen, bitte?" gestellt. Diese Art von Fragen stressten mich irrsinnig, wenn ich den Fall selbst auch nicht lösen konnte oder die Antworten auf gestellte Fragen nicht wusste. Um ehrlich zu sein, habe ich noch nie für eine Prüfung so viel gelernt wie für die STEOP. Ich hörte öfters, dass die Online-Prüfungen ein Albtraum sind und dass die meisten durchfallen, weil die Fragen schwerer sind als bei den Präsenz-Prüfungen. Genau diese Angst fraß mich auf und aus den 100%, die ich von Beginn an geben wollte, wurden nur noch 50%. Dann kam der Tag, an dem das Juridicum mein Wissen testete. Nervös saß ich in meinem Zimmer vor meinem Laptop und lud die Moodle-Seite alle zwei Sekunden bis die Aufgaben erschienen.
Sei streng mit dir selbst! Konzentrier dich! Disziplin ist das A und O in deinem Studium! Teile dir den Stoff (realistisch) gut ein, glaub mir, nur mit einer guten Einteilung ersparst du dir den ganzen Stress und kannst alles in Ruhe lernen. Lass dir Zeit beim Lernen, das Studium ist keine olympische Disziplin. Klar, man möchte immer besser sein als die anderen, aber was würdest du dann daraus lernen? Nichts, oder? Setze deinen Fokus auf dich selbst, denn in diesem Film hast du die Hauptrolle und kein anderer. Was du dir zudem gleich abgewöhnen solltest, ist das Fragen danach, wie weit die anderen sind, denn jeder hat sein eigenes Tempo und seine eigenen Strategien. Sich mit anderen zu vergleichen bringt weder dir noch den anderen etwas. Ein gut gemeinter Rat von mir: Vergleiche dich NIE mit den anderen und schon gar nicht mit all jenen in den WhatsApp-Gruppen. Das wird dir vermutlich nicht gut tun. Ich habe nämlich genau diesen Fehler selbst gemacht und es hat mir nicht weitergeholfen. Fokussiere dich lieber auf das Lernen und nicht auf Fragen danach, wie weit die anderen mit dem Lernen sind oder mit Sorgen darum, ob man selbst vielleicht zu langsam ist. Ich weiß, wie schwer es sein kann sich selbst zu motivieren, wenn man die Prüfung nicht geschafft hat und die anderen Mitglieder aus der WhatsApp-Gruppe Dinge schreiben wie "Yesss... ich habe es geschafft, was habt ihr denn so?" und gleich darauf teilt jeder seine Note in der Gruppe. Aber glaub mir, nichts ist besser als sich nach einer nicht bestandenen Prüfung noch einmal richtig selbst zu motivieren und Vollgas zu geben. Mein letzter Tipp für dich: Vergiss nicht auf deine Freizeit, du brauchst nämlich auch mal eine Auszeit von den ganzen Büchern. Und Abwechslung tut schließlich immer gut!
Abschließend möchte ich meine Erfahrungen, die ich als Studentin der Rechtswissenschaften machen durfte, mit einem Fazit beenden: Als ich mich für das Studium angemeldet habe, war mir klar, dass das kein Studium ist, bei dem man 50% der Zeit lernt und die anderen 50% sind Freizeit. Jedoch habe ich gelernt, dass, wenn ich mir alles gut einteile, ich dennoch beides haben kann. Viele Menschen sehen das Studium der Rechtswissenschaften als das Studium der Hölle an. Allerdings brachte mir das Studium vieles bei, ich habe dadurch gelernt, wie ausdauerfähig ich bin, wieviel ich mir eigentlich zutrauen kann und vieles mehr. Nicht nur in Jus, sondern auch in allen anderen Studiengängen gibt es Phasen, in denen man mal von der Schaukel runterfällt, aber dann auch ganz schnell wieder aufsteht.
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