Begonnen hat alles im September. Rund 3.000 zukünftige Student/innen der WU Wien inklusive mir besuchten damals die große und sehr eindrucksvolle Vorlesung „Einführung in die Betriebswirtschaftslehre“ im Austria Center Vienna. Ganz gespannt hörte ich zu und freute mich, nun endlich Studentin zu sein und schon bald das Uni-Leben genießen können. Euphorisch und motiviert machte ich mich also an die erste der vier verpflichtenden STEOP-Prüfungen ran, bis diese geschafft war; nicht lange später, rund ein Monat darauf, kam dann jedoch der erste Knick. Dieser Knick nannte sich liebevoll „REWI“ - die berühmt berüchtigte obligatorische Prüfung in der Anfangsphase also, eine Abkürzung für „Einführung in die Rechtswissenschaften“. Zunächst näherte sie sich ganz langsam, doch bald war sie da und riss mich mit in ein komplettes Neuland aus Paragraphen, Fällen, und Prüfungsformeln.
Doch zunächst zurück zum Studienanfang als sogenannter „Ersti“. Als Erstsemestrige/r hat man es an der WU, verglichen zu manch einem anderen Ort, sicherlich leicht, ein/e vollkommene/r (zumindest auf dem Papier) Student/in zu werden. Das heißt die Anmeldung abschließen, all die organisatorischen Pflichten erfüllen, den lang ersehnten Ausweis bekommen und sich am Campus dank großer Beschriftungen gut zurechtfinden. Doch je größer die Umgebung, desto mehr Leute gibt es bekanntlich, und somit auch mehr, die du nur ein einziges Mal zu Gesicht bekommst bevor sie in den Weiten der WU für immer verschwinden. Auch Kleingruppen innerhalb der Vorlesungen, wie man sie von anderen Studiengängen kennt, sind während der STEOP- Zeit ein eher inexistentes Gut. Ein Gruppenspiel wurde in einer Vorlesung einmal mühselig eingerichtet – dabei blieb es dann aber auch. Wichtig zu merken ist also, dass Eigeninitiative definitiv nicht nur beim Lernen, sondern gleichfalls bei Gesprächen und Bekanntschaften zu den unausweichlichen Mitteln zum Überleben an der Uni dazugehört. Beim Lernen selbst hilft, falls es mit der Lerngruppe doch nichts wird, die Plattform LEARN oder unzählige Zusammenfassungen von Co-Studenten auf StudyDrive aber glücklicherweise immer weiter. Übungen zu den Inhalten, aufgenommene Vorlesungen oder Musterprüfungen stehen jedem mit Online-Zugang frei zur Verfügung – und können schnell einmal der Retter in der Not werden.
Nichtsdestotrotz lief das Studium selbst anfangs etwas holprig. Besonders in den „REWI“ Vorlesungen wurde man wohl oder übel schnell ins kalte Wasser geworfen. Wer sich nicht schon im Vorhinein vorbereitet und die Unterschiede der Stellvertretungshaft oder dem Eigentumserwerb verinnerlicht hatte, konnte nur sehr schwierig und mit viel Mühe und Konzentration die Lehrveranstaltungen im Audimax überstehen – und gleichzeitig hoffen, dass seine Beine nicht einschlafen, da es unter Umständen schnell passieren kann, dass man sich die ersten paar Male wie ein Basketballspieler fühlt, der 3 Stunden am Stück im Flugzeug mit zu wenig Beinfreiheit zu kämpfen hat. Dazu kamen die teils sehr späten Vorlesungszeiten, die dazu führten, dass man schon mal im Prüfungsvorbereitungskurs saß, während seine Freunde an einem Freitagabend ins Wochenende starteten.
Ende November stellte ich mich dann aber schließlich doch der Prüfung und trat an. Voll mit neuem Wissen saß ich da, das so viel und so tiefgehend war, dass mich der Prozess, es mir anzueignen, hin und wieder schwächeln, ja fast zweifeln ließ. Dies mag für Jus-Interessenten spannend und akzeptabel klingen – besteht doch im Gegenzug endlich die Möglichkeit, sich mit einer für die Mehrheit unbekannten Materie, dem Recht mit all seinen Facetten, auseinanderzusetzen. Letztendlich aber erwies sich dies überaus einfacher gesagt als getan. Denn den unerwartet hohen Berg zum Bestehen der Prüfung zu erklimmen war hart, auch nachdem der Stoff mehrmals durchgeackert wurde und das Gefühl bestand, alles vermeintlich gut verstanden zu haben. Was letztendlich einzig und ganz allein gleich zu Beginn zum Erfolg geführt hat, war das tatsächliche Verständnis, die Anwendung auf konkrete Fälle und das Verbinden der vielen Inhalte miteinander. Auch bei den anderen beiden Teilen der STEOP, der „Einführung in das Öffentliche Recht“ und der „Einführung in die Volkswirtschaftslehre“ verhielt es sich ganz ähnlich, spiegeln die Quoten der Ergebnisse eine solche Hürde wie bei „REWI“ jedoch nicht ganz wider.
Genaues und intensives Lernen ist also in meinem Fall der Schlüssel für das erfolgreiche Bestehen der Studieneingangs- und Orientierungsphase gewesen - jeder einzelne, der vorhat, das Wirtschaftsrechtstudium an der WU anzutreten, muss sich jener Tatsache bewusst sein. Die Begeisterung sollte zweifellos bestehen, um die Zusammenhänge und den Inhalt unserer Rechtsordnung verstehen, sowie wirtschaftliche Aspekte, ihre Funktionsweise und ihre Bedeutung kennenzulernen zu können. Das Studium ist eine juristische Ausbildung, bei der ein hoher Grad an Motivation und Interesse gefragt ist. Besonders im ersten Semester zählt, wie meine eigene Erfahrung zeigen konnte, der Wille, die Planung, der Ehrgeiz und die Selbstständigkeit. Und nicht zuletzt die Kraft, ab und zu einfach auch durchbeißen zu können.
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